Herle Forbrich, Ewa Romanowska, Janet Laidla, Anne Sørensen
Gutshöfe, also die repräsentativen Wohnhäuser landwirtschaftlicher Anwesen, sind in Deutschland typisch für die Gebiete östlich der Elbe; es gibt sie aber überall rund um die Ostsee. Die Landgüter waren durch Familienbande und Geschäftsbeziehungen miteinander verbunden; die Gutshöfe wurden zu wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Zentren in den ländlichen Gegenden. Diese Organisationsstruktur hat sich vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit entwickelt. Um 1800 hatte die Gutswirtschaft ihren Höhepunkt erreicht, bis erste Gesetze in Kraft traten, die die Landarbeiter von der Zwangsarbeit befreiten. Trotz dieser sozialen Veränderungen konnten die Gutsherren ihre Macht in den ländlichen Gegenden bis zu Beginn des 1. Weltkriegs mehr oder weniger erhalten.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts bestand in der Ostseeregion ein Netzwerk aus Tausenden solcher Landgüter. In ihrem Zentrum standen die Herrenhäuser, die Wohnsitze der Gutsherren, die Familiengeschichte, soziale Ordnung und Tradition repräsentierte. Sie wurden allerdings auch zunehmend als Symbole einer Gesellschaft wahrgenommen, in der Ungleichheit und Abhängigkeit herrschten. Im 20. Jahrhundert veränderten Nationalbewegungen, soziale Modernisierung, sozialistische Umbrüche und schließlich ein neues historisches Bewusstsein die Bedeutung dieser Orte.
In diesem Zeitraum durchlebten auch die Landgüter beträchtliche rechtliche und wirtschaftliche Veränderungen. Diese Entwicklung wurde nach dem 1. Weltkrieg durch Landwirtschaftsreformen in Estland, Lettland und Litauen eingeleitet und spitzte sich nach dem 2. Weltkrieg noch zu, vor allen in denjenigen Ländern der Ostseeregion, die unter Sowjetherrschaft oder unter den Einfluss der UdSSR gerieten. Einige Herrenhäuser verloren beispielsweise ihre traditionelle Funktion als Familiensitz. In Deutschland und Skandinavien blieben die Herrenhäuser dagegen in Privatbesitz und wurden traditionell genutzt. Doch auch hier machten wirtschaftliche Veränderungen Anpassung notwendig, sodass zum Beispiel Familien ihre privaten Gebäude einem allgemeinen Publikum für Führungen und Veranstaltungen öffneten.
Herrenhäuser rund um die Ostsee sind heute vergleichbaren wirtschaftlichen Veränderungen ausgesetzt und die Vermarktung der Häuser, die für verschiedene Anlässe und Veranstaltungen, wie Hochzeiten, gemietet werden können, sowie ihre Nutzung für den Tourismus hat zugenommen. Gleichzeitig haben viele Länder seit den 1970er Jahren Gesetze zum Schutz historischer Denkmäler erlassen. Seitdem werden die Gutshöfe wieder vermehrt als Kulturerbe gewürdigt. Heute steht jedes Land der Ostseeregion vor der Herausforderung, die Gutshöfe als Kulturgüter zu erhalten.
Diese Zeichnungen wurden 1969 in der Bildergeschichte „Sonne, sage, wie gefällt dir unser schönes Heimatland“ im Magazin Bummi veröffentlicht. Bummi war in der DDR eine Zeitschrift für Kinder im Kindergartenalter und erschien erstmals 1957.
Dieses Lied mit dem Titel Mässajate laus (Lied der Rebellen, Musik: Uno Nissoo/Text: Paul-Erik Rummo) erklingt im Film Viimne reliikvia (Die letzte Reliquie, 1969). Der Liedtext basiert auf einem Volkslied aus dem Revolutionsjahr 1905, als zahlreiche Gutshöfe in Estland und Lettland niedergebrannt wurden.
Bornzin liegt heute in der polnischen Woiwodschaft Pommern. Der Name des Ortes ist Borzęcino.
Gemälde von Alexander Duncker (1813-1897), einem deutschen Verleger und Buchhändler. Sein Hauptwerk bestand aus einer Grafiksammlung preußischer Schlösser. Alexander Duncker. Die ländlichen Wohnsitze, Schlösser und Residenzen der ritterschaftlichen Grundbesitzer in der preussischen Monarchie. Band 8. Berlin, Duncker, ca. 1886. Digitalisiert durch die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2006. URL: https://digital.zlb.de/viewer/readingmode/14779821_08/187/LOG_0052/.
Nach der Landreform von 1919 wurden viele estnische Gutshöfe in Schulen umgewandelt. Sie werden teilweise bis heute als Schule genutzt. Mit Unterstützung internationaler Zuschüsse, des Kulturministeriums und des Ministeriums für Bildung und Forschung waren die Schulen in der Lage, einige der Gutshöfe zu restaurieren und darüber hinaus eine Website, Veranstaltungen, Bücher und Arbeitsblätter für diese Schulen zu entwickeln, um deren einzigartiges Lernumfeld zu würdigen. Diese Website bietet einige Informationen auf Englisch: http://www.moisakoolid.ee/en.
1919 wurde in Dänemark ein Gesetz erlassen, durch das der Adel und die Herrenhäuser ihren privilegierten Status verloren. Damit sollten der soziale und wirtschaftliche Status demokratisiert und Gleichheit erreicht werden. Das Gesetz sollte revolutionäre Aufstände wie in Russland und Deutschland verhindern. In den folgenden Jahrzehnten gerieten die Gutshöfe in wirtschaftliche Notlagen und mussten sich neuen Herausforderungen stellen. Etwa seit den 1960er Jahren entstanden für im Privatbesitz befindliche Gutshäuser neue Geschäftsideen aus dem Bereich der Erlebniswirtschaft. Dazu gehören Initiativen zum Kulturerbe, zum Beispiel die Öffnung von Herrenhäusern und Parks für die Allgemeinheit, die Gründung von Museen und die Veranstaltung von Konzerten und Märkten auf dem Gelände. Darüber hinaus sind neue Touristenziele entstanden, zum Beispiel Safariparks und Naturlehrpfade. Seit etwa 2000 gewinnt auch die Nischenproduktion von Lebensmitteln (lokal angebaut, bio, alte Sorten, traditionelle Rezepte usw.) an Bedeutung. Viele Herrenhäuser wurden zu Hotels, Restaurants und Konferenzorten umgebaut und ‚normale Menschen‘ können ein Schloss oder ein Herrenhaus buchen und ‚Herr und Herrin des Hauses‘ werden, beispielsweise bei ihrer Hochzeitsfeier. Der Gutshof Clausholm Slot befindet sich im Privatbesitz und liegt mitten in Jütland, Dänemark.
Dieser Text stammt von der Website und beschreibt das Angebot für Hochzeiten.