2.11 Grunwald, Tannenberg, Žalgiris

Giedrius Janauskas, Vitalija Kasperavičiūtė und Christian Pletzing
Redaktion: Małgorzata Dąbrowska

Am Morgen des 15. Juli 1410 trafen bei den Dörfern Stębarg/Tannenberg und Grunwald/Grünfelde/Žalgiris rund 21 000 Ritter unter der Fahne des Deutschen Ordens auf eine 29 000 Mann starke polnisch-litauische Armee unter der Führung des polnischen Königs Władysław Jagiełło und des litauischen Großherzogs Vytautas/Witold. Am Abend desselben Tages war die Armee des Deutschen Ordens besiegt, waren der Hochmeister Ulrich von Jungingen und 200 Ritter des Ordens gefallen. Der Orden hatte den Nimbus der Überlegenheit verloren; er hatte den Höhepunkt seiner Macht überschritten. Die Schlacht von Grunwald war eine der größten Schlachten des Mittelalters und überdauerte jahrhundertelang in den Erinnerungen von Polen, Litauern und Deutschen.

Zu Beginn des 1. Weltkriegs im August 1914 besiegte eine deutsche Armee unter dem Kommando von Hindenburg und Ludendorff im südlichen Ostpreußen nahe Hohenstein/Olsztynek eine russische Armee, die von General Samsonow angeführt wurde. Der russische Befehlshaber nahm sich in den Wäldern von Masuren das Leben. Nach der Schlacht schrieb Ludendorff in sein Tagebuch: „Ich schlug später vor, sie die ‚Schlacht bei Tannenberg‘ zu nennen, als Wiedergutmachung für die Schlacht von 1410” . 1927 wurde in der Nähe von Hohenstein zur Erinnerung an diesen Sieg das gewaltige Nationaldenkmal von Tannenberg enthüllt, das den deutschen „Sieg über das Slawentum” symbolisierte. Hindenburg, der 1934 als Reichspräsident starb, wurde dort begraben. 1945 sprengten deutsche Truppen das Denkmal in die Luft, das später vollständig abgerissen wurde.

Im geteilten Polen wurde der Sieg von Grunwald im 19. Jahrhundert als Sieg über den deutschen Drang nach Osten gefeiert. Von 1872 bis 1878 schuf der polnische Maler Jan Matejko in Krakau das Gemälde Die Schlacht von Grunwald. Auch in dem 1900 erschienenen historischen Roman Die Kreuzritter des Nobelpreisträgers Henryk Sienkiewicz ist die Schlacht von Grunwald der Höhepunkt.

Nach 1945 instrumentalisierte die sozialistische Regierung den Mythos von Grunwald als Symbol der deutschen Niederlage. Gleichzeitig diente die Erinnerung an den Sieg bei Grunwald der nationalen Selbstvergewisserung in den westlichen und nördlichen Regionen, die nach 1945 von Deutschland an Polen gegangen waren. Auf dem Schlachtfeld von 1410 wurde 1960 ein großes Nationaldenkmal mit der Inschrift „Grunwald 1410 – Berlin 1945“ errichtet. Im selben Jahr kam der Film Die Kreuzritter von Aleksander Ford in die polnischen Kinos. Bis 1973 hatten 23 Millionen Menschen den Film gesehen, der mit erheblichen finanziellen Mitteln realisiert wurde und die visuelle Erinnerungskultur für Jahrzehnte prägte. Fast jede polnische Stadt hat eine Grunwaldstraße. Nach 1989 verlor der Grunwald-Mythos seine politische Bedeutung. Heute ist Grunwald ein beliebtes Touristenziel, an dem jedes Jahr ein Reenactment der historischen Schlacht von 1410 mit über 1000 Menschen aus allen Teilen Europas stattfindet.

1910 wurde in Krakau anlässlich des 500. Jahrestags der Schlacht von Grunwald ein Denkmal errichtet. Verärgerte litauische Repräsentanten nahmen nicht an der feierlichen Enthüllung teil. Nachdem Vilnius und seine Umgebung von Lucjan Żeligowski eingenommen worden waren, nahmen die Feindseligkeit gegenüber Polen weiter zu. Nach seiner Unabhängigkeit 1918 entwickelte Litauen eine eigene Erinnerungskultur in Bezug auf die Schlacht von Zalgiris. Vor dem 500. Jahrestag des Todes von Vytautas dem Großen (1930) wurde beschlossen, den Herzog zu würdigen und ihm ein Denkmal zu widmen. Dieses Ehrenmal in Kaunas diente als Gegengewicht zum Monument in Krakau, das an den Sieg in der Schlacht von Grunwald erinnert. Das Denkmal für Vytautas den Großen besteht aus einer Bronzestatue, die über vier Soldaten trohnt – ein Russe, ein Pole, ein Tatar und ein deutscher Kreuzritter – und ein Schwert hochhält . Das Denkmal spiegelte die Absicht der ideologischen Propaganda wider: ein einfaches, verständliches Bild, mit dem man sich identifizieren kann und das für bestimmte moralische Werte steht. Der Bau des Denkmals wurde vor allem von der litauischen Armee gefördert, weshalb entschieden wurde, es auf dem Gelände einer Militäreinheit der litauischen Armee zu errichten. 1952 wurde es auf Anordnung der sowjetischen Behörden zerstört. 1988 beschlossen die Bürger von Kaunas, das Denkmal für Vytautas den Großen wiederaufzubauen. Zu dieser Zeit waren Siegessymbole besonders wichtig und stärkten den Wunsch nach Unabhängigkeit. Über den Standort des Denkmals wurde heftig diskutiert, da die sowjetische Armee zu dieser Zeit noch in Panemunė (einem Stadtteil von Kaunas) stationiert war. Im Rahmen einer öffentlichen Umfrage gingen zahlreiche Vorschläge ein. Es war jedoch offensichtlich, dass die Teilnehmer der Umfrage wollten, dass die Denkmäler der sowjetischen Ideologie entfernt und der Held der Vergangenheit geehrt werden sollte.

Vytautas der Große sollte als ideologische Figur der nationalen Geschichtsschreibung das Selbstverständnis einer homogenen Nation legitimieren. Nach der Diskussion wurde entschieden, das Denkmal für Vytautas den Großen in der Nähe der wichtigsten Fußgängerzone, der Freiheitsallee, aufzustellen, neben dem Gebäude des Exekutiv- und Parteikomitees der Kommunistischen Partei – einem Kreuzungspunkt verschiedener ideologischer Positionen. Heute wird in den Medien darüber diskutiert, ob das Denkmal an einem unpassenden Ort steht, Aggressionen gegen andere Völker befördert, und nach Panemunė umgesetzt werden sollte.

Während des 2. Weltkriegs wurde 1944 der litauische Sportverband Žalgiris, ein Dachverband für Körperkultur und Sport, gegründet. Die offizielle Mitgliederzahl liegt derzeit bei 99 öffentlich registrierten Sportvereinen und –organisationen. Außerdem sind 108 nicht registrierte Sportvereine in die Aktivitäten eingebunden. Rund 15000 Menschen sind Mitglied unter dem Dach von Žalgiris. Viele Straßen und Plätze, Schiffe, ein erfolgreicher Basketballverein und eine Alkoholmarke tragen den Namen „Zalgiris“. Am 15. Juli wird der offizielle Tag der litauischen Landstreitkräfte gefeiert. Ihre Fahne wurde nach dem Vorbild der historischen Standarte mit dem Wappen der Gediminassäulen gestaltet, die 1410 über den Reihen der litauischen Soldaten wehte. Die unterschiedlich Wahrnehmung der Schlacht durch Litauer und Polen wird besonders bei der Bewertung der Rolle der litauischen Armee deutlich. Während der polnische Historiker Jan Długosz die Litauer beschuldigte, vom Schlachtfeld geflohen zu sein, betonen die Litauer, dass es sich um eine vorgetäuschte Flucht und damit ein taktisches Manöver gehandelt habe.

Zum 600. Jahrestag der Schlacht entstand mit finanzieller Unterstützung des litauischen Staats ein Spielfilm. Während die Litauer in dem polnischen Film Die Kreuzritter von 1960 nur eine Nebenrolle spielten, sollte der litauische Film von 2010 die Bedeutung der Litauer in der Schlacht angemessen darstellen.

1901 wurde auf dem Schlachtfeld von Tannenberg von den Deutschen ein Gedenkstein für den Hochmeister Ulrich von Jungingen errichtet. Er trug die Inschrift:

„Im Kampf für deutsches Wesen, deutsches Recht starb hier der Hochmeister Ulrich von Jungingen am 15. Juli 1410 den Heldentod.“
- Quelle der Übersetzung: https://de.wikipedia.org/wiki/Jungingenstein

1919 beschreibt der deutsche General Erich Ludendorff in seinen Memoiren, warum er die Schlacht von 1914 „Tannenberg“ nannte:

Die Schlacht wurde auf meinen Vorschlag die Schlacht von Tannenberg genannt, als Erinnerung an jenen Kampf, in dem der Deutsche Ritterorden den vereinigten litauischen und polnischen Armeen unterlag. Wird der Deutsche es je wieder zulassen, daß Litauer und namentlich der Pole aus unserer Ohnmacht Nutzen ziehen und uns vergewaltigen? Soll jahrhunderte alte deutsche Kultur verloren gehen?
- Erich Ludendorff. Meine Kriegserinnerungen 1914-1918. Berlin 1919, S. 44. Zitiert nach Sven Ekdahl. Tannenberg/Grunwald – ein politisches Symbol in Deutschland und Polen. In: Journal of Baltic Studies 22, 1991, 4. S. 271-324.
- Quelle der Übersetzung: https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Tannenberg_(1914)#Benennung_und_Lokalit%C3%A4t

1933 wurde das Realgymnasium Berlin-Lankwitz in „Tannenberg-Oberschule“ umbenannt. 1990 erhielt die Schule erneut einen neuen Namen – diesmal nach einem Widerstandskämpfer des 2. Weltkriegs. 1933 wurde der Namenswechsel folgendermaßen begründet:

Der Name Tannenberg erinnert nicht nur an die Tage höchster Leistung und höchsten Ruhmes und ist so geeignet, vaterländischen Stolz zu erwecken; er erinnert ebenso an Zeiten tiefsten Falles, verursacht durch den Nationalfehler der Zwietracht und soll dadurch zu einer Mahnung werden.
- Zitiert nach der Homepage des Willi-Graf-Gymnasiums, abrufbar unter https://willi-graf-gymnasium.de/WirUeberUns/Historie/Namensgebung

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1939 zog der deutsche Historiker Erich Maschke eine Verbindung zwischen den Schlachten von 1410 und 1914:

Polen stand, an seiner eigentlichen geschichtlichen Aufgabe gemessen, in verkehrter Front. […] Polen, das doch selbst den Ruhmestitel einer „Mauer der Christenheit” gegen die ösliche Welt in seiner Geschichte erworben hatte, war im Bunde mit schismatischen Russen und heidnischen Tataren der Sieger über den geistlichen Ordensstaat Preußen, einen Vorkämpfer der Christenheit, geblieben. Dem Wesen nach bedeutete das nichts anderes als den Vorwurf, die östliche Grenzwacht für das Abendland verlassen zu haben.
Nicht nur ein polnisch-deutscher Gegensatz erhob sich also hinter der Schlacht von Tannenberg. Die Männer, die im Heere des Ordens am 15. Juli 1410 fielen, starben für die Freiheit und Selbständigkeit des Preußenlandes. In ihrem Tode bewährte sich aber auch die geschichtliche Sendung des Deutschtums im Nordosten seit zwei Jahrhunderten: es war Bollwerk des deutschen Volkes und seines Lebensraumes, es hütete damit zugleich Inhalt und Gestalt der abendländischen Kultur. Eben dieser letzte geschichtliche Sinn schlug die Brücke zwischen dem Tannenberg von 1410 und dem von 1914.
- Tannenberg. Deutsches Schicksal – Deutsche Aufgabe. Hrsg. v. Kuratorium für das Reichsehrenmal Tannenberg. Oldenburg [1939]. S. 182-183.

1977 kritisierte der Journalist Karl-Heinz Janßen die Benennung von Kasernen in Westdeutschland nach Tannenberg:

Doch welche Werte, welche Tugenden, welche historischen Vorstellungen sollten da den jungen Rekruten vermittelt werden? Etwa der Stolz auf das „germanische Schwert“, mit dem „Siegfried“ alias Hindenburg „die Slawen“ aufs Haupt schlug? :Wer heute noch Tannenberg und Hindenburg in Ehren hält, muß wissen, was er anrichtet. […] Deutsch-Ordenskreuz, Tannenberg-Ehrenmal, Hindenburg-Mythos, alte Regimentsfahnen – den meisten Soldaten bedeuten diese Symbole nichts mehr. Die Traditionskette ist 1945 zerrissen – wer an sie guten Willens anknüpfen will, setzt sich Mißverständnissen aus. Warum nicht endlich eine neue, in die Zukunft gerichtete Tradition begründen?
- Karl-Heinz Janßen. Tannenberg – ein deutsches Verhängnis. Wofür stehen die Kasernennamen und Regimentsfahnen? In: Die Zeit 39/1977 (16.9.1977).

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Anfang September 1939 wurde eilig eine riesige Leinwand aus dem Museum entfernt und zusammen mit Kazanie Skargi (Skargas Predigt), auch ein Gemälde von Matejko, in einer Rolle verstaut. Matejkos Gemälde wurden in einer Kiste nach Lublin gebracht und dort zunächst im Museumsgebäude versteckt. Bevor die Deutschen das Museum einnehmen konnten, wurden sie vergraben, wo sie bis 1944 überlebten. Die Propaganda des Dritten Reichs bezeichnete das Gemälde als Pamphlet und Provokation des Malers. Für die Preisgabe des Verstecks wurde eine Belohnung von zwei Millionen Markausgeschrieben, die später auf zehn Millionen erhöht wurde.

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1966 sagte der polnische Erziehungsminister Henryk Jabłoński mit Rückblick auf den 550. Jahrestag der Schlacht von Grunwald im Jahr 1960:

Wie bereits angedeutet, wurde der Jahrestag von Grunwald als große nationale Manifestation betrachtet, die sich vor einem weiten historischen Hintergrund auf ein Ereignis mit großer historischer Bedeutung bezog. […] Der erweiterte historische Hintergrund schließt die deutsch-polnischen Beziehungen im Allgemeinen ein, ebenso wie den Kampf um die West- und Nordgrenzen von Polen und die Bemühungen in den Gebieten, die zu verschiedenen Zeiten in deutscher Hand waren, ein polnisches Bewusstsein zu bewahren. Dieser Ansatz, der von den Organisatoren der Feierlichkeiten vollständig geteilt wird, verbindet diese Aspekte nicht nur mit dem Jubiläum von Grunwald sondern auch mit der Entstehung des polnischen Staates, mit der Geschichte des nationalen Befreiungskriegs sowie mit der Volksrepublik Polen als derjenige Staat, der es Polen ermöglichte, die von einer fremden Macht besetzten Gebiete zurückzuerhalten.
- Henryk Jabłoński. „Poland’s Millennium as reflected in the Work of Polish Scientists“ (Polens Jahrtausenfeier in den Arbeiten polnischer Wissenschaftler). In: The Review of the Polish Academy of Sciences 12 (1967), 3. S. 1-13, hier S. 6., zitiert nach Sven Ekdahl. „Tannenberg/Grunwald – ein politisches Symbol in Deutschland und Polen“, In: Journal of Baltic Studies 22, 1991, 4. S. 271–324.

1987 erklärte das „Allpolnische Grunwald-Komitee“, das die jährlichen Feierlichkeiten auf dem Schlachtfeld organisierte, in seinem Programm, 1410 seien zwei Ideologien aufeinandergeprallt:

[…] einerseits eine Ideologie der Beherrschung, Unterordnung, Unterdrückung oder Vernichtung anderer Völker, andererseits eine Ideologie des Anspruchs auf eine eigene Identität, gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen Völkern und Nationen, Toleranz und Frieden. Während erstere als Rechtfertigung für Eroberungen, die Erweiterung der deutschen Gebiete zulasten anderer Völker und das Recht auf Aggression diente […], stand letztere für die Verteidigung der Menschenrechte, forderte die Anerkennung friedlicher Methoden zur Lösung internationaler Konflikte und rechtfertigte bewaffnete Konflikte nur, wenn andere Möglichkeiten zur Verteidigung des Rechts auf einen selbstbestimmten Ausstieg, Gerechtigkeit und Frieden keinen Erfolg hatten.
- Program Ogólnopolskiego Komitetu Grunwaldzkiego (Programm des Allpolnischen Grunwald-Komitees). In: Rzeczpospolita 161 (13.7.1987). Zitiert nach Sven Ekdahl. „Tannenberg/Grunwald – ein politisches Symbol in Deutschland und Polen“. In: Journal of Baltic Studies 22, 1991, 4. S. 271–324.

Das Original von Antoni Wiwulskis (1877­1919) Meisterwerk in Krakau wurde – wenig überraschend - von den Nazis im 2. Weltkrieg zerstört. Die Kopie, die heute an seinem Platz steht, stammt aus dem Jahr 1976 und wurde akkurat nach Skizzen und Modellen des Originals nachgebildet. Obenauf sitzt König Władysław Jagiełło auf seinem Pferd und zeigt mit seinem Schwert in der rechten Hand nach unten. Vor dem Denkmal steht sein Cousin, der Großherzog von Litauen Vytautas (Vitold), der auf beiden Seiten von siegreichen Soldaten der gemeinsamen Armee flankiert wird. Der Tote im Vordergrund ist Ulrich von Jungingen, der Hochmeister des Deutschen Ordens, der während der Schlacht gefallen ist.

Der litauische Bildhauer Vincas Grybas (1890­1941) schuf das Denkmal von Vytautas dem Großen in Kaunas. Das Monument wurde 1932 im oberen Teil von Panemunė aufgestellt und 1952 von der sowjetischen Regierung zerstört. Die Kopie, die heute dort steht, entstand 1988 und wurde sorgfältig nach Skizzen und Modellen des Originals nachgebildet. Es zeigt die Bronzestatue des Großherzogs Vytautas mit Schwert. An den Ecken des Sockels sind besiegte Soldaten zu sehen. Sie tragen den Sockel, auf dem Vytautas steht: Ein ruthenischer Soldat mit einem Schild, auf dem der einen Drachen erschlagenden Hl. Georg abgebildet ist. Ein deutscher Kreuzritter mit einem zerbrochenen Schwert und einem Schild mit deutschem Adler zu seinen Füßen, sowie ein tatarischer und polnischer Soldat, jeweils mit einem Schild mit Adler zu ihren Füßen.

Zwischen Text und Jahreszahlen befindet sich ein Medaillon mit einer Karte von Litauen im 14. Jahrhundert.

Professor Mečislovas Jučas kritisiert in seinem Buch Die Schlacht von Žaliris (1960) Stefan Kuczyńskis Studie über die Schlacht von Grunwald, in der dieser versuche, die Rolle von Vytautas zu schmälern. Er weist nach, dass dies nicht der Quellenlage entspricht. Ursprünglich hatte M. Jučas das litauische Manöver bestritten. Er wies zunächst darauf hin, dass die Niederlage der Litauer in der Schlacht von Grunwald eine Erfindung von Jan Długosz sei, während die Fortsetzung der Chronik von Johann von Posilge und die Cronica conflictus „zwei Auffassungen unterschieden – Rückzug und Flucht“ und letzteres nicht auf die Litauer zutreffe. Später bezweifelte M. Jučas allerdings nicht, dass „der Rückzug der Litauer ein litauisches Manöver war, das die Absicht hatte, die feindlichen Truppen auseinanderzutreiben, um sie plötzlich im Rücken angreifen zu können. Es ist schwierig, die Rückkehr der Litauer auf das Schlachtfeld anders zu erklären, insbesondere weil die Litauer dieses Kampfmanöver mehr als einmal eingesetzt hatten“. Hier ist ein Novum erkennbar – das Manöver eines vorgetäuschten Rückzugs wird mit der nicht so traditionellen Idee erklärt, dass es sich um eine Taktik der Tataren handele und ein normales litauisches Manöver sei.
- Tomas Baranauskas. „Žalgirio mūšis Lietuvos istorikų darbuose“. In: Viduramziu Lietuva Website, abgerufen von http://viduramziu.istorija.net/socium/zalgiriomusis-istoriografija.htm

Professor Sven Ekdahl hat in Archiven einen Brief des Hochmeisters des Deutschen Ordens gefunden, der eine anschauliche und höchst glaubhafte Erklärung für die Ereignisse in Tannenberg enthält.

Lieber Meister, wenn die göttliche Vorsehung dafür sorgen sollte, dass du mit deinen Feinden zusammenkommst, um zu kämpfen, und du deine Truppen gegen deine Feinde anordnest, dann würden wir dir raten, die Kriegsgäste und Söldner, die du bei dir hast, mitzunehmen, die von ihnen zu nehmen, die du für fähig hältst, und mit deinen Kommandanten abzustimmen, dass sie gehorsam sind, wenn sie zum Kampf anstehen, damit sie in Form bleiben. Es kann vorkommen, dass deine Feinde absichtlich ein oder zwei Banner zurückziehen oder fliehen lassen: Das wäre absichtlich, denn sie hoffen, dass sie deine Kampfformation auf diese Weise zerbrechen, weil die Leute normalerweise gerne die Verfolgung aufnehmen, wie man es in der Großen Schlacht sieht. […] Denn wenn eine Gruppe oder Reihe von Soldaten zu siegessicher wird, ist es nicht so einfach, die Männer zurückzuholen, weil jeder die Verfolgung aufnehmen will und denkt, dass der Sieg errungen wurde, und sie nicht wissen, dass er halb verloren sein könnte. Und aus diesem Grund raten wir euch dringend, dass ihr eure Männer in ihren Kampfformationen so streng wie möglich zusammenhaltet und sie niemals die anderen verlassen lasst, bis ihr gesehen habt, wie sich die feindlichen Formationen hinter denen verhalten, die fliehen. […]
- Sven Ekdahl. „The Turning Point in the Battle of Tannenberg (Grunwald/Žalgiris) in 1410. (Der Wendepunkt in der Schlacht von Tannenberg (Grunwald/ Žalgiris) 1410.)“ In: Lituanus, Volume 56, No. 2 - Sommer 2010, abgerufen: http://www.lituanus.org/2010/10_2_06%20Ekdahl.html

Jonas Mačiulis-Maironis (1862­1932) – einer der berühmtesten litauischen Dichter sowie katholischer Priester und Professor – schrieb zahlreiche Gedichte. Einige sind in seiner berühmtesten Gedichtsammlung, Pavasario Balsai (Frühlingsstimmen) enthalten. Das Gedicht Nachrichten sind eingetroffen entstand 1902 in St. Petersburg. Seine Gedichte waren Ausdruck des litauischen Nationalbewusstseins und beförderten die Hoffnung auf Freiheit und Unabhängigkeit. Es ist unbestritten, dass die Autorität von Maironis als Autor eines litauischen Schulbuchs über die litauische Geschichte (1891) aus dieser Zeit eine entscheidende Rolle für die Verankerung des Namens Žalgiris spielte.

Eina Garsas
Gedicht und Volkslied
NACHRICHT IST GEKOMMEN
Autor: Jonas Mačiulis-Maironis
Nachricht ist gekommen aus Preussen:
Sattelt Eure Pferde!
Ritter sind auf dem Weg in unser Land
Mit großer Macht.
Sorge Dich nicht, kleine Schwester! Bitte, sei guten Mutes:
Ich komme lebend, gesund und wacker zurück in meine geliebte Heimat.
Groß sind die Reichtümer der Kreuzritter:
Spitzen aus Blattgold
Zieren die Türme ihrer Städte,
in ihren Truhen lagert Seide.
Ich bringe ein preussisches Schwert zurück. Einen seidenen Schal dazu.
Geliebte Schwester, du bekommst den Schal, einen goldenen Gürtel und Ring.
Es ist schon wieder Frühling.
Höre die fliegende Lerche!
Doch gibt‘s nichts Neues vom Gefährten,
Der in den Kampf gegangen.
Als die Sonne unterging, wütete die Schlacht. Viel Blut wurde vergossen.
Dort kämpfte mein Liebster für sein Land, dort starb er.
Alle meine Freunde singen fröhlich,
in glänzender Seide gekleidet.
Ich jedoch weine immerfort
Und träume von Gräbern.
Geliebter, keine Koseworte wirst Du mehr flüstern.
An meinen schlanken Finger wirst Du keinen goldenen Ring mehr stecken!“
Abgerufen: https://allpoetry.com/News-Has-Come

Zum 600. Jahrestag der Schlacht von Žalgiris im Jahr 2010 wurde eine 500 Litas Gedenkmünze (Metall Gold Au 999, Durchmesser 33 mm, Gewicht 31,1 g, Stückzahl 5000) herausgegeben. Sie wurde vom Künstler Rytas Jonas Belevičius entworfen und weist am Rand Stilelemente aus dem 15. Jahrhundert auf. Die Münze wurde bei UAB Lithuanian Mint geprägt.

Auf der Vorderseite der Münze ist das hoheitliche Siegel von Vytautas dem Großen abgebildet. Auf der Rückseite sind Szenen der Schlacht von Grunwald zu sehen, mit Illustrationen von Kleidung, Rüstungen und Waffen der Reiter und Fußtruppen jener Zeit. Im Halbkreis ist Die Schlacht von Grunwald 1410­2010 eingeprägt.

Fragen zur Reflexion

  1. Warum waren und sind die Schlachten von 1410 und 1914 in Polen, Litauen und Deutschland so bedeutend?
  2. Sollten Straßen in Polen, Litauen und Deutschland weiterhin nach Žalgiris/Grunwald/Tannenberg benannt werden? Sollten Straßen mit diesem Namen umbenannt werden?
  3. Wie können die Ereignisse auf dem Schlachtfeld von 1410 heute angemessen erinnert werden?

Weiterführende Literatur

  1. Sven Ekdahl. „The Turning Point in the Battle of Tannenberg (Grunwald/ Žalgiris) in 1410. (Der Wendepunkt in der Schlacht von Tannenberg (Grunwald/ Žalgiris) 1410)“ In: Lituanus, Volume 56, No.2 - Sommer 2010. www.lituanus.org/2010/10_2_06%20Ekdahl.html
  2. Sven Ekdahl. Grunwald 1410. Studia nad tradycją i źródłami. (Grunwald 1410. Studie zu Tradition und Quellen). Avalon, 2015.
  3. Mečislovas Jučas. Žalgirio mūšis (Die Schlacht von Žalgiris). Vilnius, Lietuvos dailės muziejus, 2009.
  4. D. Mačiulis, R. Petrauskas, D. Staliūnas. Kas laimėjo Žalgirio mūšį? (Wer gewann die Schlacht von Žalgiris?) Vilnius, Mintis, 2012.
  5. W. Paravicini, R. Petrauskas. Vercamer G. Tannenberg - Grunwald - Žalgiris 1410. Krieg und Frieden im späten Mittelalter. Wiesbaden, Harrassowitz Verlag, 2012.
  6. Stephen Turnbull. Tannenberg 1410 Disaster for the Teutonic Knights. (Tannenberg 1410. Katastrophe für die Deutschen Ritter). London, Osprey Campaign, 2003.