2.3 Das Bild der Wikinger

Anne Brædder, Juhan Kreem, Paweł Migdalski und Giedrius Janauskas

Die Wikingerzeit – in der Populärkultur allgegenwärtig

Im Jahr 2013 feierte die Fernsehserie „Vikings“ in Kanada, den USA und dann weltweit Prämiere. Sowohl in Europa als auch in Nordamerika wurde sie schnell sehr erfolgreich und weitere Staffeln folgten. Geschrieben wurde die Serie für den kanadischen History Channel vom englischen Drehbuchautor und Produzenten Michael Hirst. Als Inspiration dienten ihm die historischen Sagas über den legendären dänischen König Ragnar Lodbrog. In der Serie lebt Ragnar Lodbrog in Skandinavien, unternimmt jedoch mit seiner Gefolgschaft brutale Raubzüge nach England. Die Wikinger in der Fernsehserie werden als blutrünstige Barbaren, Vergewaltiger und Mörder dargestellt. Dieses Bild ist meilenweit von der eher spielerischen und simplistischen Darstellung der Wikinger auf Kinderkleidung, Lebensmitteln oder in den Souvenirläden rund um die Ostsee entfernt.

Die Wikingerzeit ist auch in anderen Teilen der Populärkultur präsent, z. B. in Form von Reenactments, bei denen die Teilnehmer aus aller Welt Lebensweise und Kriege der Wikinger rekonstruieren. Besonders häufig werden historische Schlachten, das Handwerk der Wikinger und der Alltag auf Märkten nachgestellt. Wie generell bei diesem Hobby sind die Darsteller stolz auf ihre Präsentation und legen großen Wert auf ein historisch korrektes Aussehen, Details und historisches Wissen. Meist sind die Teilnehmer Amateurhistoriker, d. h. keine professionellen oder ausgebildeten Historiker; sie nehmen ihr Hobby jedoch sehr ernst.

Auch viele Museen im Ostseeraum mit Ausstellungen zur Wikingerzeit nutzen Elemente des Reenactment oder der Living History. In Estland werden Besucher eines Wikingerdorfs in die Wikingerzeit zurückversetzen, wo sie sich z. B. in der Schmiede versuchen, auf einem Wikingerschiff mitsegeln, zum Krieger ausbilden oder über offenem Feuer kochen können. In einem Wikingerdorf in Litauen dürfen die Gäste das Erbe der Wikinger hören, sehen, fühlen, ertasten, riechen und schmecken. Im dänischen Wikingerschiffsmuseum werden fünf Wikingerschiffe ausgestellt, die im Jahr 1962 von Meeresarchäologen entdeckt wurden. Zu Beginn des Jahrtausends hat das Museum im dänischen Roskilde das ursprünglich bei Dublin gebaute Wikingerschiff The Sea Stallion aus Glendalough zu historischen Forschungszwecken nachgebaut. Auch dieser Nachbau stellt eine Form des Reenactments oder der experimentellen Archäologie dar. Die größte Wikingerausstellung der Welt befindet sich in der schwedischen Hauptstadt Stockholm.

Weil die Brandbreite der Wikingerdarstellungen so groß ist, besteht dieses Kapitel aus zwei Teilen – einem zur Wahrnehmung der Wikinger in den Quellen und einem zu Aspekten des Wikingerbildes in unserer zeitgenössischen Kultur.

Wikingerraubzüge auf den britischen Inseln

Zu den ersten Überfällen von Wikingern auf England kam es im 8. Jahrhundert, im 9. Jahrhundert folgte ein Eroberungsversuch und für eine Weile beherrschten die Wikinger große Teile Englands.

ADie Angelsächsische Chronik stammt vermutlich aus dem 9. Jahrhundert und ist eine Sammlung von Annalen in altenglischer Sprache. Sie ist in mehreren Manuskripten erhalten und stellt ohne Zweifel eine enorm wichtige, wenn auch nicht immer zuverlässige, Quelle für die frühe englische Geschichte dar.

A.D. 793 . In diesem Jahr kamen düstere Zeichen über das Land der Northumbrier und versetzten die Menschen in Schrecken; dies waren wilde Wirbelwinde und Blitze und feuerspeiende Drachen wurden in den Lüften gesehen. Diesen Zeichen folgte bald eine große Hungersnot; und kurz darauf im selben Jahr, am 6. Tag vor den Iden des Januars, zerstörten heidnische Männer raubend und mordend das Haus Gottes in Lindisfarne. Und Siga starb am 8. Tag vor den Kalenden des März.
- Angelsächsische Chronik

Die estnischen Wikinger

In den Standardwerken zur Wikingerzeit gelten die Länder im östlichen Baltikum in der Regel nicht als Siedlungsraum der Wikinger. Andererseits bezeichnen die Esten die Bewohner ihres Landes in der Eisenzeit als Wikinger. Die baltischen Länder lagen auf den Wikingerrouten in Richtung Osten (Austrvegr ) und damit offensichtlich im Einflussbereich der skandinavischen Kultur. Außerdem beschreiben die Kreuzfahrerchroniken des 13. Jahrhunderts Raubzüge der Bewohner der Insel Saaremaa über das Meer; die leicht in dem gleichen Kontext wie die Wikingerraubzüge nach Westeuropa ein paar Jahrhunderte vorher betrachtet werden können. In der estnischen Geschichtsschreibung wurde daraus eine glorreiche Vergangenheit konstruiert, zu der auch die Zerstörung der schwedischen Stadt Sigtuna im Jahr 1187 gehört. Diese Idee einer „glorreichen Wikingervergangenheit“ hat estnische Schriftsteller in den späten 1920er und den 1930er Jahren zu Romanen wie Urmas und Merike inspiriert.

Die Zerstörung Sigtunas durch die Männer aus dem Osten wurde in der um 1320 entstandenen Erikskrönikan (Erkischronik) aufgezeichnet. In der frühneuzeitlichen Geschichtsschreibung wurden auch andere Volksgruppen aus dem Osten für die Zerstörung der Stadt verantwortlich gemacht. Seit Carl Robert Jakobson in seiner ersten Rede an das Vaterland im Jahr 1868 diese Volksgruppe als Esten bezeichnet hat, ist dieser Topos im kulturellen Gedächtnis Estlands jedoch fest verankert.

Schweden erlitt großen Schaden,
durch die Karelier und viel Unrecht.
Sie segelten vom Meer in den Mälarsee,
bei ruhigem Wetter und bei Sturm,
heimlich zwischen den Inseln von Svealand
rückte ihr Heer im Verborgenen vor.
Dann kam ihnen in den Sinn,
Sigtuna in Schutt und Asche zu legen,
und sie zerstörten die Stadt so gründlich,
dass die Stadt sich nie mehr davon erholt hat.
Dort wurde der Erzbischof Jon ermordet,
zur Freude vieler Heiden.
- Erikschronik. Mittelalterliche schwedische Reimchronik.

Carl Robert Jakobson (1817-1857) war Journalist, Politiker, Verfasser einflussreicher Schulbücher und einer der führenden Köpfe der estnischen Nationalbewegung. Seine drei Reden an das Vaterland zeigen ein Geschichtsverständnis, in dem die Zeit vor der Kolonisierung als goldenes Zeitalter interpretiert wird.

1188 [sic!] segelten die Esten [sic!] nach Schweden und in den Mälarsee, der damals unter dänischer Herrschaft stand, und töteten dort am 1. Juni den Erzbischof Johan von Uppsala, und brannten die mächtige Stadt Sigtuna nieder, wonach die neue Hauptstadt Stockholm gegründet wurde. Noch heute liegen zwischen Stockholm und Uppsala die enormen Ruinen und Türme von Sigtuna und es ist schwer zu glauben, dass die Esten mit den unzureichenden Waffen dieser Zeit eine so mächtige Stadt zerstören konnten. Die Schweden aber sprechen noch immer über die Zerstörung von Uppsala und die Kühnheit der Esten.
- Carl Robert Jakobson. Kolm isamaa kõnet (Drei Reden an das Vaterland). St. Petersburg, 1870.

Wikinger in den Berichten über die Gründung der Rus

Die russische Nestorchronik, die Erzählung vergangener Jahre beschreibt, wie die Slawen in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhundert drei Brüder, Rjurik, Sineus und Truvor, zu ihren Herrschern wählten. Rjurik ließ sich in Novgorod nieder, sein Sohn Oleg eroberte Smolensk und Kiew und legte damit den Grundstein für die Kiewer Rus. Welche Rolle die Skandinavier bei der Gründung des ersten russischen Staates genau spielten, wird heute hitzig diskutiert. Einerseits gab es in der Kiewer Rus ohne Frage eine skandinavische militärische Elite, andererseits ist die nationale russische Geschichtsschreibung von einer starken anti-normannischen Tendenz geprägt, die Wert darauf legt, dass die russische Staatsbildung auf lokale Entwicklungen zurückzuführen ist und die eingewanderten Wikinger (Waräger) schnell assimiliert wurden

[...] und es war keine Gerechtigkeit unter ihnen, und Sippe stand auf gegen Sippe, und es entstanden Fehden unter ihnen, und sie begannen, Krieg gegeneinander zu führen. Und sie sagten untereinander: Lasset uns einen Fürsten suchen, der über uns herrsche und der anordne nach Recht! und sie fuhren über das Meer zu den Warägern, zu der Rus’: Denn so hießen diese Waräger; die Rus’, ebenso wie andere [Waräger] Schweden heißen, andere aber Normannen, Angeln, andere Goten, so auch diese. Und es sagten die Čud´/die Slovenen und die Krivičen und die Vesʾ zu der Rusʾ: Unser Land ist groß und hat Überfluß, aber es ist keine Ordnung in ihm. So kommt, Fürst zu sein und über uns zu herrschen! Und es wurden drei Brüder ausgewählt mit ihren Sippen, und sie nahmen mit sich die ganze Rus’. […] und in Ládoga ließ sich der Älteste nieder, Rjúrik, und der zweite, Síneas, am Beloózero und der dritte, Trúvor, in Izbórsk.
- Die Nestorchronik. Nach dem Text der Laurentiuschronik. Übersetzt und Herausgegeben von Ludolf Müller. München, 2001. S. 20. https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs3/object/display/bsb00043511_00001.html?zoom=0.50

Wikinger in der Geschichte Litauens

Der Historiker Arturas Mickevičius hat den Einfluss der Wikinger auf die Gesellschaften im östlichen Baltikum und insbesondere auf die Anfänge des litauischen Staates erforscht. Dabei beschäftigt sich Mickevičius insbesondere mit der Frage, ob die Kuren baltische Wikinger waren oder womöglich ein Bollwerk gegen deren Raubzüge.

Beschreibung der Schlachten zwischen Wikingern und Kuren in Seeburg (heute Grobiņa, Lettland) und Aputra (Apuolė, Litauen) im Jahr 853 in Rimberts „Leben des Heiligen Ansgar“, 801-865 (Vita sancti Ansgari).

KAPITEL XXX.
[...] Zu der Zeit, als der Bischof in das Land der Schweden gekommen war, versammelten die Dänen, die sich dessen bewusst waren, eine große Zahl von Schiffen und fuhren in dieses Land [Kurland], erpicht darauf, ihre Besitztümer zu stehlen und sie sich zu unterwerfen. Ihr Königreich bestand aus fünf Städten. Als die Bewohner von ihrem Kommen hörten, versammelten sie sich und fingen an, mannhaft Widerstand zu leisten und ihr Eigentum zu verteidigen. Nachdem sie den Sieg errungen hatten, töteten sie die Hälfte der Dänen und plünderten ihre Schiffe und nahmen ihnen Gold und Silber und reichliche Beute ab. Als König Olaf und die Schweden dies hörten, versammelten sie , die sich den Ruf erwerben wollten, zu vollenden, was den Dänen nicht gelungen war, und weil sie früher über dieses Volk geherrscht hatten, eine gewaltige Armee und fuhren dorthin. Zunächst kamen sie zu einer Stadt in deren Königreich namens Seeburg. Diese Stadt, die siebentausend Kriegsleute beherbergte, wurde von ihnen geplündert, ausgeraubt und niedergebrannt. Sie verließen die Stadt mit gestärktem Mut und brachen, nachdem sie ihre Schiffe weggeschickt hatten, zu einer fünftägigen Reise auf und eilten mit grausamen Absichten zu einer anderen der Städte namens Aputra, in der fünfzehntausend Kriegsleute waren. Als sie dort ankamen, hatten diese sich in der Stadt verschanzt und während die einen die Stadt heftig von außen angriffen, verteidigten sie die anderen von innen. So vergingen acht Tage, in denen sie von morgens bis in die Nacht kämpften und sich bekriegten und viele auf beiden Seiten fielen, aber keine Seite den Sieg errang. Am neunten Tag begannen die Schweden, die von der täglichen Metzelei erschöpft waren, den Mut zu verlieren und dachten in ihrem Schrecken nur noch daran, wie sie wohl entkommen könnten. [...] als der schwedische König zugestimmt hatte, sagten sie sofort: „wir wünschen uns lieber Frieden als Kampf und wir wollen uns mit euch einigen. Damit wir eine Einigung erreichen, wollen wir auch all das Gold und die Waffen geben, die wir im letzten Jahr von den Dänen erbeutet haben. Auch bieten wir für jeden einzelnen Mann, der jetzt in der Stadt ist, ein halbes Pfund Silber, und außerdem zahlen wir den Tribut, den wir früher gezahlt haben und stellen Geiseln, weil wir künftig unter eurer Herrschaft und eurem Recht leben möchten, wie wir es früher getan haben. [...].
- Verfügbar unter: https://sourcebooks.fordham.edu/basis/anskar.asp

Fragen zur Reflexion (1)

  1. Die Wikinger wurden sowohl als barbarische Plünderer und Zerstörer als auch als Staatsgründer dargestellt. Was machte die Wikingerzeit über die Jahrhunderte so attraktiv?
  2. Vergleiche die einzelnen Quellen – gibt es Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Darstellung. Überlege, warum die Wikinger in den einzelnen Quellen auf diese Weise beschrieben werden.


Wikinger und die Gründung des polnischen Staates – der Fall Wolin

Über die Frage, ob Skandinavier bei der Gründung des ersten polnischen Staates eine Rolle spielten, wird unter polnischen Historikern noch immer lebhaft gestritten. Aufgestellt wurde diese These 1918 von dem deutschen Historiker Robert Holtzmann, der behauptete, der erste historische Herrscher Polens, Mieszko I., sei ein Wikinger gewesen, der in einer Quelle Dago genannt wurde. In den folgenden Jahren unterstützten viele deutsche Wissenschaftler diese These, wogegen die polnische Mediävistik in der Zwischenkriegszeit alles daransetzte, sie zu wiederlegen. Im Zentrum der Diskussion steht die Tatsache, dass Wolin an der Mündung der Oder liegt und damit an der Schnittstelle polnischer und skandinavischer Einflüsse. Deutsche Wissenschaftler wiesen nach, dass es sich bei der Siedlung um eine germanische Wikingerstadt handelte, wogegen polnische Historiker meinten, Wolin sei slawisch und unter der Herrschaft der Piasten gewesen.

Polnische Ausgrabungen in Wolin nach 1952 sollten entweder polnische oder slawische Merkmale dieses Handelshafens nachweisen. Nach den politischen Umbrüchen des Jahres 1989 gingen Historiker und Archäologen recht offen davon aus, dass in der Siedlung keine slawischen Händler lebten (die in der Chronik des Adam von Bremen aus dem 11. Jahrhundert erwähnt wurden), sondern ausländische und auch skandinavische Händler, deren Spuren sich zum Beispiel in Runen und Ornamenten im Borrestil zeigen. Im 21. Jahrhundert gründeten lokale Geschichtsenthusiasten ein Freilichtmuseum, in dem alljährlich das Festival der Slawen und Wikinger stattfindet, die auf dieser Veranstaltung (einem der größten Wikingerfestivals der Welt) in der Mehrzahl sind. 1993 stellte die Stadt auf dem Marktplatz einen Runenstein zum Gedenken an Harald Blauzahn auf, der 2014 durch einen den Runensteinen von Jelling nachempfundenen bemalten Runenstein ersetzt wurde.

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Der Wikinger mit Hörnerhelm als nationales Symbol im Ostseeraum

Der Wikinger mit Hörnerhelm hat in zahlreichen Ostseeanrainerländern den Status eines Nationalsymbols. In jedem Souvenirladen in Dänemark, Schweden, Estland und Polen finden sich kleine Wikingerfiguren und Becher, Magnete, T-Shirts und viele andere Artikel mit Wikingermotiv. Wie die Quellen zeigen, ist die Wikingerzeit ein untrennbarer Teil der dänischen, schwedischen oder estnischen Geschichte. Damit gehören sie zur nationalen Identität dieser Länder und tauchen auch in Souvenirläden auf.

In derartigen Darstellungen tragen die Wikinger oft Helme mit Hörnern. Die Hörnerhelme sind geradezu das Erkennungszeichen von Wikingerdarstellungen. Bei Fußball- oder Handballspielen und anderen Sportveranstaltungen tragen dänische und schwedische Fans Wikingerhelme mit Hörnern oder Pelzmützen in Form von Hörnerhelmen in ihren Nationalfarben Rot/Weiß bzw. Blau/Gelb, die es auch in Souvenir- oder Spielzeugläden zu kaufen gibt. Viele dänische Marken verwenden den gehörnten Wikinger in ihrem Marketing und bewerben damit unter anderem dänische Leberpastete, Würste oder teure Kinderkleidung. Hörner sind also ein eindeutiges Symbol der Wikinger. Darum ist es vielleicht überraschend, dass die Helme der Wikinger in Wirklichkeit gar kein Hörner hatten. Diese Legende entstand im 19. Jahrhundert und lebt immer noch fort, obwohl Historiker und Archäologen seit über 100 Jahren wissen, dass sie nicht stimmt.

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Archäologen haben nur wenige Helme aus der Wikingerzeit gefunden und keiner davon hatte Hörner. Gehörnte Helme waren in Skandinavien allerdings vor der Wikingerzeit in Gebrauch. So sind im dänischen Nationalmuseum zwei gehörnte Helme ausgestellt, die jedoch aus der Bronzezeit stammen. Ein Helm aus der Wikingerzeit, den das Museum besitzt, hat dagegen keine Hörner. Die wenigen Helme aus dieser Zeit, die überdauert haben, zeigen, dass die Wikinger Helme trugen, die sie im Krieg und auf Raubzügen schützen konnten. Sie bedeckten den oben Teil des Kopfes und wiesen häufig Schutzelemente für Nase und Nacken auf.

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Die Frage ist also, wie die Idee des gehörnten Wikingerhelms überhaupt entstanden ist. Im 19. Jahrhundert interessierten sich viele Künstler, Historiker und Archäologen für die nordische Geschichte zwischen 800 und 1050, eine Zeit, die ab Ende des 19. Jahrhundert „Wikingerzeit“ genannt wurde. Insbesondere deutsche Künstler und Intellektuelle assoziierten die Wikinger mit der viel älteren germanischen Kultur. In dieser Kultur wurden die Teutonen mit Hörnern abgebildet, was sich dann auf die Darstellung der Wikinger übertrug. Ab den späten 1800er Jahren verbreiteten sich Wikinger mit Hörnerhelm überall in der europäischen Literatur und Kunst. Diese Bewegung aus dem Ausland beeinflusste auch die skandinavische Kultur, in der die Wikinger ab dann und bis heute mit Hörnern dargestellt werden.

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Fragen zur Reflexion (2)

  1. Unter Bezugnahmen auf die beiden Fallbeispiele, wie haben die Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts unsere heutiges Wikingerbild beeinflusst?
  2. Unterscheidet sich dieses Bild von den Darstellungen in den Quellen und, wenn ja, wie? Was sagt das über die Werte aus, die in der modernen Gesellschaft wichtig sind?

Weiterführende Literatur

  1. Kasper Holdgaard Andersen, MYTE: Havde vikingernes hjelme horn? (2016): https://danmarkshistorien.dk/leksikon-og-kilder/vis/materiale/myte-havde-vikingernes-hjelme-horn/. (Stand: 14. November 2018)
  2. Jan Bill. Welcome on board! – the Sea Stallion from Glendalough: a Viking longship recreated, Viking Ship Museum, 2007
  3. Linda Kaljundi. Challenging expansions: Estonian Viking novels and the politics of memory in the 1930s.” In: Novels, Histories, and Novel Nations: Historical Fiction and Cultural Memory in Finland and Estonia. Hg.: Linda Kaljundi, Eneken Laanes, Ilona Pikkanen. Helsinki, Suomalaisen Kirjallisuuden Seura, 2015. S. 182−207.
  4. Arturas Mickevičius. Vikingai Lietuvos istorijoje (Wikinger in der Geschichte Litauens). Studija Versus, 2019.
  5. Marika Mägi, In Austrvegr: the role of the Eastern Baltic in Viking Age communication across the Baltic Sea. Leiden, Brill, 2018.
  6. Scandinavian Culture in Medieval Poland. Hg: Sławomir Moździoch, Błażej Stanisławski, Przemysław Wiszewski. Warschau: IAE PAN, 2013.